Mary Poppins at school ist zufrieden. Sie ist soooo zufrieden! Selbst am Tag der Einschulung strömen sie zu ihr – Erstklässler, die bereits lesen und rechnen können, Erstklässler, die die anderen mitziehen werden durch ihre hohe Intelligenz!
So funny!
Heute, Samstag, big surprise für alle erwartungsvollen Schüler, die die Luft in unserem Klassenzimmer zum ersten Mal schnuppern durften! Genau genommen wurde erst Aulaluft geschnuppert, hier hatten sich erwartungsvolle Eltern mit ihren Kindern versammelt, die heute in einer Art Kürverfahren von unserem netten Schulleiter zum Erstklässler gekürt wurden. Beim Beobachten der wunderschönen Beiträge ihrer Mitschüler aus den zweiten und dritten Klassen, die für eine Woche einstudiert worden waren, hatten die Erstklässler also Gelegenheit, Schulluft einzuatmen, um danach mit mir in unserem Klassenzimmer zu verschwinden, während die Eltern auf dem Hof später auf ihre Sprößlinge warteten.
Mary Poppins at school war höchst verwundert über zwei der Neuankömmlinge, mit denen sich im Handumdrehen folgender Dialog entwickelt hatte im Klassenraum, kaum waren wir angekommen.
Nach einer herzlichen Begrüßung jedes einzelnen Schülers an seinem Sitzplatz fragte ich die Kinder, was sie sich am meisten wünschen würden in der Schule und/ oder wofür sie sich am meisten interessierten. Sie erzählten von “Lesen lernen”, “Rechnen” und vieles mehr; einer wünschte sich “Eis essen gehen”, worauf Mary Poppins at school sich amüsiert an die Erzieherin wandte mit den Worten “Jaaaaa, vielleicht lässt sich das zusammen mit unserer Frau Fernandez arrangieren..? Eines Tages…?” Jedenfalls reagierte Frau Fernandez ganz freudig (sie ist neu bei uns), und auch der betreffende Schüler wirkte glücklich bei der Vorstellung, sein Vorschlag stünde auf der Wunschliste ganz oben…
Mir fielen sogleich ein Junge und ein Mädchen auf, die Folgendes – Außergewöhnliches – von sich erzählten. Der Junge (ein groß gewachsener, vergnügter Kerl mit strohblonden Schopf) nutzte die Gelegenheit, in so kleiner Runde (es hatten sich sieben Kinder eingefunden mit uns) von seinen besonderen Stärken zu erzählen, dies war das Rechnen. Er hob an mit “Ich kann schon 10 x 10 rechnen!!” Da ich es mir zur Regel gemacht hatte, solche Behauptungen von Kindern sogleich auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, fragte ich zurück: “Und – wieviel ist es?”
Daraufhin setzte er erneut an… “10 x 10 ist 100!”
“Oh, wow, das ist ja toll!! Frau Fernandez, haben Sie gehört? Der Junge kann schon richtig rechnen! Und so weit!”
Frau Fernandez nickte irritiert, und versuchte nun, ihre Gefühle von Missmut zu verbergen.
Nicht alle Menschen sind von den Rechenkünsten der Kinder angetan, die schon so weit fortgeschritten sind – und damit den anderen Schülern oft weit voraus sind. Genau genommen – es sind die Wenigsten unter uns! Zu vielen sitzen all die negativen Ereignisse ihrer eigenen Kindheit zu sehr im Nacken, als dass sie frei und unbeschwert die Hochbegabung eines Kindes zur Kenntnis nehmen (können). Zu viele haben verdrängt, welcher Schmerz in ihnen ausgelöst wurde in der Schule durch zu wenig Anerkennung ihrer wunderschönen Talente, Fähigkeiten und Potenziale. Zu viele tragen lebenslang Schmerz und ein Gefühl von Zurückweisung in sich, unbemerkt, manchmal ein Leben lang.
Das hatte Mary Poppins at school bereits öfter erlebt.
Oft spielen Neidgefühle aus der Kindheit eine Rolle, die nicht transformiert wurden, um sie in Gefühle der Anerkennung oder Wertschätzung solch auffällig begabten Kindern gegenüber umzuwandeln. Hiermit können auch die Neid – oder Missgunsterfahrungen von Eltern gemeint sein, die ihre Kinder mit anderen Kindern vergleichen und ihnen Vorhaltungen machen, dass sie nicht so begabt seien wie der Anton… oder die Annamarialouise, die alle schon “sooo weit sind…, nur du, du verstehst die Matheaufgaben immer noch nicht..!”
Diese Menschen wirken plötzlich wie verschaltet (“einen Gang zurück geschaltet”) und es scheint, als ob ihr Getriebe sie langsamer werden lässt, da sie – unbewusst – mit der unbewältigten, ja, unliebsamen, Erinnerung an ihre eigenen Kindheitserfahrungen von Neid oder Eifersucht konfrontiert werden, über die sie keine Kontrolle zu haben scheinen. Blitzschnell steigen diese alten Erinnerungen an Herabsetzung oder Abwertung der eigenen Person im Vergleich mit anderen – Kindern – auf, was mitten ins Herz trifft. Alles zieht sich zusammen, diese Menschen vermitteln ein Gefühl von Enge. Frau Fernandez zeigte dies bereits öfter in der einen Woche, seit sie bei uns ist.
Ich habe auch beobachten können, dass vielen Menschen aus keinem anderen Grund die genormten, eher serienmäßig ausgestatteten Kinder lieber sind, da sie keinen dieser unverarbeiteten Schrecken in ihrem Leben erneut wach rufen (werden).
Bevor Frau Fernandez (die im Begriff war, nun Worte der Abwehr oder des Unmuts hervorzubringen, genau die Worte, mit denen sie die Vorwürfe von früher hätte zurückgewiesen….) irgendetwas einwerfen konnte, was den Jungen mit dem Blondschopf eh` nur verwirrt hätte, setzte ich fort mit “Uih, das gefällt mir gut, du kannst ja schon richtig gut rechnen!”
Er strahlte.
Kurz darauf begann ein Mädchen mit “Und ich kann schon lesen!” Nun dachte ich an das Buchstabieren einzelner Buchstaben, die uns das Mädchen vortragen würde, einzelne Buchstaben…
“Aah, prima! Magst du uns denn schon einmal etwas aus dieser Klasse vorlesen?” (An der Wand hängen – wie in jedem anderen Klassenraum unserer Grundschule – große Plakate mit allerlei Sätzen aus dem Deutsch-Bereich und dem Sachunterricht.) Sie drehte sich also um, um die Wände um sie herum zu betrachten. Ich wartete. Hhm, ob…..? Ob sie wirklich lesen kann? Oder war das die Vorfreude auf ihr zukünftiges Können, die sie so zum Sprudeln brachte? Das Mädchen schaute sich immer noch um. Plötzlich begann sie laut und deutlich ein Plakat hinter ihr… uns vorzulesen. (Es handelte sich um meine Beschriftung von Schülerbildern, die diese Anfang des Jahres in unserer Projektwoche zum Thema “Mein Kuscheltier / Präsentation” gemalt hatten.) Sie las – völlig frei – mit kräftiger Stimme und leicht beschwingten Unterton: “Präsentation… Unsere Projektwoche… Mein Kuscheltier”.
Sie hatte uns spontan alle drei Zeilen meiner Beschriftung der DIN A 3 Bilder von den gemalten Kuscheltieren der Kinder vorgelesen!
Sie hatte uns den gesamten Text des Plakats vorgelesen, alle drei Zeilen!
Nix da, von wegen… einige… Buchstaben! Nicht zwei Buchstaben auf einem dieser Plakate für das Alphabet, nicht fünf Buchstaben von diesem Plakat. Kein großes F, kein großes M, das man nun hörte, und auch kein mühsam vorgelesenes Wort, bei dem sie sich anstrengen musste, die erkannten Buchstaben zusammenzuziehen, einer – – – nach dem anderen – – – –
Nada.
Niente.
Nichts da.
Sie war perfekt.
Sie machte das wunderbar. Sie konnte l e s e n. Ein Mädchen unserer Erstklässler, heute eingeschult, und sie konnte lesen.
Frisch, frei, fantastisch.
Mich berühren solche Kinder ganz besonders, sie bringen oft eine erstaunliche Leichtigkeit in eine Schulklasse, in der Lernanfänger doch die eine oder andere Hürde zu nehmen haben, was ihnen nicht ganz leicht fällt. Kinder, die für gewöhnlich als “Überflieger”gehandhabt werden in der Grundschule, machen uns das Lernen um so vieles leichter! Sie haben sich bereits die Grundlagen allen Lernens verschafft, sie verfügen bereits über die Buchstaben des ABC oder über den Zahlenraum von 1 – 100 (!) – spielerisch und locker. Boah, was für ein Geschenk, was für eine Freude! Danke, ihr Lieben, dass ihr da seid!
Nach ca. 15 Minuten erschienen wir wieder unten auf dem Schulhof, wo die Eltern schon ganz aufgeregt (diesmal waren sie die nervös Wartenden!) auf ihre Helden / Heldinnen des Tages warteten. Schließlich sollte es nun zu einer gemütlichen Familienfeier gehen, gemeinsam sollte der Inhalt der Schultüten bestaunt werden oder die Einschulungstorte unter den Feiernden aufgeteilt werden, diesem Tag hatten sicher viele nächtelang entgegen gefiebert!
Nachdem ich die Gelegenheit genutzt hatte, zwei Kontaktdaten der Eltern aufzunehmen, die diese bei der Anmeldung aus mir unbegreifliche Gründen nicht angegeben hatten ( so schnell bekommt man manche Eltern nicht wieder zu Gesicht, glauben Sie es mir!, geschweige denn ihre Handy – oder Hausnummer…), erzählte ich einigen wartenden Eltern die höchst erfreulichen Nachrichten aus dem Klassenzimmer. Ich erzählte ihnen von den (hoch) begabten Kindern in unserer Klasse. Ja, es stimmt, ich lasse keine Gelegenheit mehr aus, anderen von der Schönheit, der Harmonie, der Freude und der Kostbarkeit von Leben zu erzählen! Und es werden immer mehr, die mir zustimmen, von denen, die mir begegnen…sie sind begierig, mehr vom Glanz des Lebens zu erfahren, begierig danach, sich erfüllen zu lassen von dem, was uns allen zur Verfügung steht. Eine leise innere Stimme, die uns zuflüstert, uns leitet und führt, dahin, wo der Genuss und die Freude warten, wo die Entspannung zuhause ist. Es lohnt sich! Folgen Sie, wann immer Sie können, dieser leisen Stimme, machen Sie sie zu ihrem besten Freund, Ihrer besten Freundin.
ich begann mit… “Stellen Sie sich vor…!”
Alle schauten mich erleichtert an, viele nickten zustimmend. “Wer war das denn? Um wen handelte es sich denn, Mary Poppins at school?” wollte man von mir wissen, doch ich gab mich bedeckt. Es ging mir nicht darum, einzelne Kinder besonders hervorzuheben ( natürlich bestätige ich den betreffenden Eltern bei der nächsten Gelegenheit das enorme Wissen der Kinder, das diese sich bereits so früh angeeignet haben), sondern darauf hinzuweisen, welche besondere Fähigkeiten schon jetzt einige Kinder unserer Klasse besitzen und welche großartigen Chancen sich für die anderen daraus entwickeln können. Ich erklärte den um mich herum Stehenden, dass so weit fortgeschrittene Kinder die anderen immer motivieren oder gar so weit beeinflussen, dass diese es ihnen gleich tun wollen! Kinder gucken sich so viel untereinander ab oder sie lernen voneinander, so dass diese Zwei ein Segen für die ganze Klasse sind, soviel ist klar!
Gemeinsam freuten wir uns über diese herausragende Neuigkeit – bevor das Schuljahr so richtig begonnen hatte.
JUCHU!